„Drei Farben: Blau“ von Krzysztof Kieslowski

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Kunst und Kultur
  • Lesedauer:4 min Lesezeit

Nach einigen Jahren sah ich erneut den Film „Trzy kolory: Niebeski“ bzw. „Drei Farben: Blau“ von Kszysztof Kieślowski. Wie die drei Farben schon andeuten gibt es neben Blau Rot und Weiß. Ein Dreiteiler (eine Trilogie) also…
Aus Neugier wollte ich erfahren, was die online-Filmkritier so darüber schreiben. Sowohl wikipedia’s Beschreibung als auch einige andere konzentrieren sich sehr auf Freiheit als Hauptthema. Ich sehe es etwas anders…

Wenn man mich fragen würde, worum es in diesem Film geht, würde ich mit nur einem Wort antworten: „die Liebe“. Aber nich um die zum Nächsten, zum Ehegatten oder zur Natur… Vielleicht auch. Aber eigentlich um viel mehr als nur diese Paar Arten der Liebe. Es geht vor allem um den Menschen, der auf die Liebe angewiesen ist, der sie sucht und manchmal sogar versucht vor ihr zu fliehen.
Die Freiheit als Thema ist natürlich auch dabei. So z. B. die Frage, ob die Wittwe eines Komponisten seine unveröffentlichte Komposition vernichten darf. Dies ist im Kontext der christlich verstandenen Liebe zu verstehen, die geduldig ist, nichts Böses im Sinne hat und die nicht versklavt, sondern frei macht – frei, sich auch gegen sie zu entscheiden!

In diesem Film wird ein abruptes Ende einer glücklichen Familie eines berühmten Komponisten dargestellt. Durch einen Autounfall verlieren der Ehemann und die kleine Tochter von Julie das Leben. Julie – gespielt von Juliette Binoche – trennt sich von allem, was mit diesem Lebensabschnitt in Verbindung steht. Nur ein blaues Glasperlenspiel aus dem Kinderzimmer ihrer Tochter nimmt sie in ihre neue Wohnung mit. Das Haus will sie verkaufen, um sich, ihre senile Mutter und ihre ehemaligen Bedienstete finanziell abzusichern. Der Assistent ihres Mannes, der sie schon seit längerem verehrt „benutzt“ sie ein mal als sexuellen Partner. Dabei sieht man ihr an, wie sehr sie nach Liebe sucht und sie gleichzeitig ablehnt. Sie will ohne Bindungen leben – sagt sie ihrer Mutter – und trotzdem kommt sie regelmäßig zu ihr zu Besuch. Eine im neuen Haus unbeliebte Nachbarin (gogo Tänzerin, die Liebe mit Sex gleichsetzt) will sie nicht aus dem Haus rauswerfen lassen. Es entsteht zwischen den beiden – wohl aus Einsamkeit – eine Art Freundschaft. Als sie herausfindet, dass es im Leben ihres Mannes eine andere gab, trifft sie sich mit ihr und überschreibt dem zweiten Kind ihres Mannes ihr Haus. Hier wird die Liebe zu ihrem Mann deutlich: nicht Hass, sondern Fürsorge für den Nachkommen wird ihr wichtig (diese Haltung kennen wir z. B. aus dem Alten Testament). Auch der dritte – oder eigentlich der erste – Pfad wird zum Schluss wieder aufgenommen: Das Konzert für die Wiedervereinigung Europas, mit welchem ihr Mann beauftragt wurde, soll von seinem Assistenten fertig gestellt werden. Nach einigen Einwänden lässt sich Julie darauf ein, die Idee des Verstorbenen (als die ihm am nächsten stehende Person) umzusetzen und das noch unvollendete Werk zum Abschluss zu bringen. Dabei entdecken die Beiden den Sinn der Komposition: die geniale Chorstimme – bisher ohne Hinweise auf irgend einen Text – soll den griechischen Text von 1. Korinther 13 singen (ein Hymnus über die Liebe). Jetzt wird einiges klar: der Mensch kann ohne die Liebe in ihren allen Formen: ob zu den Eltern, den eigenen Kindern, zum Ehepartner (Sex dabei einbegriffen), den Freunden, den Nächsten, der Natur und vor allem zu sich selbst und zu Gott nicht existieren. Seine ganze Existenz hat nur in und durch diese einen Sinn. Ob er als Individuum oder in Gemeinschaft sich zu dieser bekennt (also sie frei annimmt oder sie ablehnt) ist ihm überlassen.

Was für eine geniale Idee von Zbigniew Preisner – dem Komponisten der Filmmusik und Kieślowski als Drehbuchautor: die christlich verstandene Liebe zum Thema (und zur Messlatte für die Europäer) bei der Wiedervereinigung Europas zu machen! Wer nicht versteht, was ich meine, dem empfehle ich die Lektüre des Textes.