Man tönt immer noch hier und da, was für eine tolle christliche Gesellschaft wir wären und dass unser Grundgesetz auf jüdisch-christlichem Menschenbild beruhe. Ein kritischer Blick auf unsere Gesellschaft, unser Christentum und unsere Katholizität gleicht einem Offenbarungseid. Durch die unglückselige Ampelkoalition nimmt der Trend zum Heidentum und Wertebeliebigkeit an Fahrt sogar stark zu.
Wenn sich der weibliche Häuptling (Häuptling*in ??) des ZdK zum Koalitionsvertrag „kritisch“ äußert, dann muss man heftig husten, um zu überhören, dass viele essenzielle Punkte der katholischen Moral ganz unerwähnt bleiben. Die selbsternannten „Katholikenvertreter“ sind sowieso ein sehr komisches Gebilde. Die „demokratische Legitimation“ des Vereins ist so weit her geholt, dass man die viel kritisierte polnische Disziplinarkammer (an deren Entstehung 3 direkt gewählte Mandatstenträger Sejm, Senat und Präsident mitgewirkt haben) eher als Volkswille akzeptieren sollte. Diese Berufskatholiken und Profiteure des Kirchensteuersystems haben mit unlauteren Mitteln die Meinungsäußerungen anderer unterdrückt oder ignoriert und führten zur synodalen Sackgasse mit Potenzial zur Kirchenspaltung. Darüber war in Deutschland nur wenig zu vernehmen – dafür umso mehr in den kritischen Stimmen aus dem Ausland.
Wenn also dieser Verein – besorgt um die finanzielle Versorgung ohne Kirchensteuereinnahmen – auf Kuschelkurs zu der heidnischen Regierung geht, muss man die Frage stellen: An wem kann man sich als Christ noch orientieren? Wer hat noch den richtigen Blick und die Antworten auf die Fragen unserer Zukunft als kleine Herde mitten unter den heidnischen Wölfen?
Eine leuchtende Gestalt im Meinungskrieg der heutigen Tage ist Bischof Rudolf Voderholzer, der mit Sanftmut aber mit festem Standpunkt auf den Machtmissbrauch durch diesen Verein und die Regierung reagiert. Er schreit nicht, verwässert aber auch nichts. Er sieht die drohende Spaltung der Gesellschaft und fordert mehr Ruhe und Gelassenheit aber auch mehr Sachlichkeit und Orientierung am christlichen Menschenbild.
Viel offensiver und weniger tolerant gegenüber den Neuheiden publiziert Demo für Alle die mangelhaften Punkte der Einigung der drei Parteien. Ich zitiere aus dem Newsletter vom 25. November:
„Kinderrechte“ ins Grundgesetz aufnehmen (S. 98),
„So will die Ampel-Koalition die Familie zerstören“ – Newsletter vom 25. November 2021
ein „Institut der Verantwortungsgemeinschaft“, „Mehr-Elternschaft“ und „Co-Mutterschaft“ einführen (S. 101),
durch einen „Gleichstellungs-Check“ alle künftigen Gesetze nach der Gender-Ideologie ausrichten (S. 114),
Werbung für Abtreibung erlauben (S. 116),
„Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen“ (S. 116),
einen „Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ umsetzen (S. 119),
„das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen“ (S. 119),
eine EU-weite Anerkennung von „Regenbogenfamilien“ und gleichgeschlechtlichen „Ehen“ erwirken (S. 120),
eine LSBT-Konvention bei den Vereinten Nationen einbringen (S. 147),
eine feministische Außenpolitik (S. 144) und einen „umfassenden Gender-Aktionsplan“ in der Entwicklungshilfe (S. 152) entwerfen.
Es sind nicht explizit christliche Werte. Es sind allgemein gültige Werte, die man in allen Kulturen akzeptiert hat. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Familienpolitik. Leider werden keine Ansätze zur Lösung angeboten. Aber auch eine mahnende Stimme in der Wüste braucht es, damit keiner sagen kann, er hätte nichts gewusst – wie vor einigen Jahrzehnten.
Auch der Verein Deutsche Sprache bringt bei Thema „Gendern“, welches – wie Orwells „Neusprech“ in „1984“ – unsere Gesellschaft umgestalten soll, interessante Beiträge. Die Hypothese, dass fehlende weibliche Bezeichnungen Frauen vom beruflichen Erfolg abhalten, wird in jedem Beitrag widerlegt. (Und gleichzeitig ein sauberes Deutsch vermittelt!) Wenn es denn stimmen würde, müsste es in den Ländern mit slavischer Sprache oder mit einer Genus-freien Sprache ja anders sein…
Doch was tun angesichts der Übermacht der Medien, die uns einzureden versucht, die Realität wäre anders als wir sie kennen? Was tun, wenn Kirche und Politik heimlich, still und leise die christlichen Werte bestenfalls zu Papiertigern machen, statt sie sich auf die Fahnen zu schreiben?
Ich würde sagen: Gelassen bleiben und Gott vertrauen. Will der Staat eine ganze kiffende Kommune als Familie akzeptieren, dann sei es drum. Dadurch wird es nur offenbar, dass der Staat nicht imstande ist, Ehe und Familie als solche zu erkennen. Zurecht sollte man einen anderen technischen Begriff für solches Gebilde nutzen („Erzeihungsgemeinschaft“ fällt mir da spontan ein). Das Böckenförde-Diktum besagt, dass es keinen wertefreien – ja keinen werteneutralen – Staat geben kann. Was Familie ist, kann er nicht selbst beurteilen und wenn er versucht, schafft er Wertungen, zu denen er nicht berechtigt ist – weil Wertungen (was zu fördern ist und was nicht) eben nicht werteneutral sind. Es ist ein Paradoxon und man darf deshalb auch fragen: Warum akzeptiert man das eine und nicht das andere? Das untergräbt das übertriebene Ego der Politik.
Viele Jahrhunderte lebte die Kirche im Untergrund, verfolgt oder nur missbilligt durch den Staat. Das III Reich, Kommunismus und die römischen Kaiser erwiesen sich als Sieb. Die Spreu von Profiteuren und unüberzeugten Mitläufern trennte sich von der Gemeinschaft der Glaubenden, je länger es andauerte. (Graf von Stauffenberg, Geschwister Scholl, Kardinal Graf von Gallen, Kardinal Wyszyński und viele weitere sind ein Beweis dafür.) Es war der Wohlstand, der Menschen wieder von Gott weg gebracht hat. Auch die Katholische Kirche muss heute zum Spruch Jesu aktiv Stellung beziehen:
Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten.
Mt 6,24
Solange der Staat von uns nicht verlangt, dass wir seinen Staatsgöttern der sog. „Toleranz“ (sprich: unterschiedslose Akzeptanz aller gesellschaftlich akzeptierten Missstände) und der sog. „Solidarität“ (sprich: Robin Hood Verfahren zugunsten bestimmten Wählerklientels) statt unseren einzigen Gott anbeten, müssen wir es erdulden (d.h. tolerieren). Zum bürgerlichen Ungehorsam sind wir aufgerufen, wenn Ärzte – durch Gesetze gezwungen werden – gegen ihr Gewissen wehrlose Menschen aktiv töten sollen oder öffentliche Gottesdienste verboten werden. Wenn wir nicht selbst betroffen sind, dürfen und müssen wir mahnen, dabei aber sensibel bleiben. Mit einem liebevollen „Es wird dich immer lieben, denn du bist seine Mutter“ hilft man Frauen eher zur richtigen Entscheidung als wenn man sie mit einer Gebetswache vor einer Abtreibungsklinik auf das Übel hinweist.
Nicht zuletzt muss man auch Gott etwas Zeit lassen, damit er die Menschenfeindlichkeit der Parteien entlarven kann. Das hat er schon beim Kommunismus und Nationalsozialismus geschafft, die doch unbesiegbar schienen. Er macht das schon.