50 Jahre Pille

Ich frage mich, was ich unter diesem Titel im ARTE sehen dürfte? Einen Lobpreis auf den Forstschritt oder (was wohl weniger zu Vermuten ist) eine Verteufelung? Ein spontaner Blick ins laufende Programm fasst die Aussage in einer Minute zusammen: Der Chef einer Abtreibungsfabrik beschimpft die vor seinem Gebäude protestierenden konservativen Katholiken als Taliban.

„Soo… Alles klar!“ dachte ich mir und schaltete um. Grabenkämpfe a'la 1. Weltkrieg interessieren mich nicht. Um den Sinn der Sache, scheint sich wohl keiner mehr Gedanken zu machen. Die Pille ist als chemische Substanz weder gut noch schlecht. Wie ein Küchenmesser: entweder hilfreich beim Kochen oder schlecht in der Hand eines Mörders. Es kann helfen (früher tödlich verlaufende) sog. Problemschwangerschaften zu verhindern oder schlecht, wenn man dem Ehegatten keine Nachkommenschaft schenken will (im Namen des eigenen Egoismus wie Karriere, Schönheit, Geld etc).

Dieser anfängliche Gedanke einer philosophisch anmutenden Ambivalenz wirkt etwas primitiv und naiv. Kant folgend muss man auch die Natur der Sache betrachten. Doch was ist die Natur der „Pille“? Ist nicht der Eingriff in die Natur die Natur der Pille? Die Macht und Kontrolle über die Natur ist an sich auch nichts schlechtes, wenn man die Natur nicht alleine zum Mittel eines anderen Ziels macht. Zu dieser biologischen Natur gehört, dass jede Spezies um jeden Preis versucht, ihren Fortbestand zu erhalten – auch wenn das in seltenen Fällen zur freiwilligen Abstoßung der Schwächsten führt (eine Regulierung, die sich fast immer aus den Eigenschaften der Umwelt, dem äußeren Zwang, ergibt). Wenn man die Länder betrachtet, in denen die „Pille“ zum Alltag gehört, fällt schnell auf, dass diese Gesellschaften nur selten nachhaltig agieren. Diese Populationen sterben (sehr) langsam aus. Eine Begründung für diesen Zustand sucht man seit Jahren vergeblich. Die „Pille“ (oder allgemein: die Verhütungsmittel) sind dabei nicht die Begründung, sondern nur Mittel. Ein Ziel für dieses unnatürliche Verhalten, welches zugleich der Grund für dieses Phänomen ist, ist nur schwer herauszufinden: Ist es – wie oft in den konservativen Kreisen behauptet – die Karriere der Frau? Vielleicht ist es die gute medizinische Versorgung, die fast zu einer Garantie wird, dass jedes Geborene auch erwachsen wird? (…Was an sich ein in der Natur auch ein seltenes Phänomen ist) Vielleicht ist es der Wunsch nach einem ungestörten Leben: reich, ungebunden, ohne Verpflichtungen, auf Kosten anderer im Alter? (Nur am Rande bemerkt: Alle Religionen der Welt rügen ein solches Verhalten als asozial. Ist diese Tausende von Jahren alte Weisheit der falsch?)

Das Verschwinden der Völker des Nordwestens der Erdkugel dürfte Nationalisten sicherlich größere Kopfschmerzen bereiten als mir. Dennoch! Die junge demografische Masse, die von den Statistikern und Rentenversicherungsmathematikern herbeigesehnt wird, ist leider keine tragbare. Junge illegale Einwanderer aus Afrika oder Asien (wo die „Pille“ nicht eingesetzt wird) bringen kein Reichtum und keine hohe Ausbildung mit, so dass einige wohlsituierte Autochtonen um Ihre Lebensqualität (wegen der Umverteilung) bangen. „Deutschland schafft sich ab“ ist wohl ein Ausdruck solcher Ängste und ausführlich genug… Die „Pille“ fände in diesem sicherlich auch einen prominenten Platz.

Eine ganz andere Frage stellt sich aus medizinischer Sicht. Seltene Nebenwirkungen sind selten aber sie gibt es auch. Dazu zählt die Embolie, die aus einem jungen Mädchen bereits nach einer Zigarette ein „Objekt der Pflege“ machen kann. Auf solchen Folgen der „Pille“ bleiben die Versicherten sitzen, nicht die Pharmakonzerne. „Nicht einnehmen“ ist somit für die Patientin immer noch gesünder (und für uns Versicherte günstiger) als „Einnehmen“, welches mit einer nahezu magischen Kraft der Verschönerung der Haut umworben wird. …Von den Tonnen an hormonell wirksamen Stoffen, die per Urin, Kanalisation und Kläranlagen in unseren immer unfruchtbarer werdenden Flussbewohnern landen, ganz abgesehen… Ist die Pille sicher ein Gewinn. …Andererseits… Die Rache der Natur kommt durch die Hintertür: die einen „wehren sich“ gegen die Nachkommenschaft, die anderen bekommen keine Kinder. Dabei ist die Zahl der zweiten Gruppe – wenn man den Medienberichten glaubt – stark steigend. Wir haben eine wirksame „Anti-Baby-Pille“. Eine wirksame „Pro-Baby-Pille“ ist bisher nicht entdeckt worden… Ironie des Schicksals!

Betreiber eines Verhütungsmittelmuseums und Besitzer einer Abtreibungsklinik ist per Definitionem kein objektiverer Berater der als die Konservativen, die vor seinem „Tempel“ demonstrieren. Unterstellt er diesen Psychoterror an empfindlichen Frauen, muss er sich selbst vorwerfen lassen, dass seine Einfühlsamkeit in seiner Profitgier den Ursprung hat. Solche extreme Geschichten am Rande des Für und Wider blenden ungemein. Sie verstellen den Blick für's Wesentliche. Die „Pille“ kann nützlich und positiv sein. Zugleich ist sie eine Waffe, bei deren wenig verantwortlichen Nutzung der Schuss nach hinten los gehen kann bzw. bereits losgegangen ist.