Wer Philosophiegeschichte studiert, wird früher oder später auf das ungelöste Problem des Körper-Geist-Dualismus stoßen. Davon gibt es zahlreiche Abwandlungen mit ähnlich klingenden Begriffen: Leib-Seele-Problem oder Ontologischer Dualismus. Jede universitäre Fachrichtung, die es kennt, sieht es durch eigene Brille. Ganz grob erklärt ist das ein theoretisches Problem, wonach das Geistige und das Materielle nicht aufeinander wirken können und es doch tun. Als „Erfinder“ gilt Descartes. Und aktuell ist das Thema sogar in der modernen Medizin unter dem Begriff „Psychosomatik“ zu finden.
Doch da ist noch mehr! Warum können religiöse Menschen schwere Krankheiten besser überstehen oder werden nicht so stark von Depressionen geplagt, wie solche, die nur auf dem Papier gläubig sind?
Je mehr christliche Literatur man liest, desto klarer wird es einem, dass es neben der Psyche und dem Körper auch eine Seele gibt, die nicht mit der Psyche identisch ist aber wie diese mit dem Körper in einer gewissen Resonanz steht. Auch zwischen Psyche und Seele gibt es Verbindungen, doch beide sind jeweils unterschiedlich, so wie Priester und Psychologe zwei verschiedene Berufe sind.
Angesichts der vielen Krankheiten in unserer Gesellschaft, fragen Mediziner z.B.: Was ist im Geist kaputt, das die Rückenleiden zu einer Volkskrankheit wurden? Was genau verursacht Migräne: im Käse, im Wein, im Stress? Unter den vielen noch unerforschten Möglichkeiten sind sicher einige, die einen klaren Zusammenhang zwischen Psyche und Körper beweisen.
Die recht schwache Wirksamkeit der Psychotherapie ist eine weitere Frage, die unbeantwortet bleibt. Wobei… Ganz unbeantwortet ist sie nicht. Die Psychologen mit ihrem aufgeblähten Selbstbewusstsein wehren sich gegen die These, das die Seele für sie nicht therapierbar ist. Sie haben keinen Zugang dazu. Andererseits beweist das Sakrament der Versöhnung, dass eine wiederhergestellte Seele die ganze Persönlichkeit zu verändern vermag. Nicht abgeklärte Schizophrenie kann durch einen Exorzisten nicht geheilt werden. Eine vom Teufel gerittene Seele wird umgekehrter Weise auch nach der dritten Therapie die Depression nicht los, weil es keine Depression ist.
Leugnet man eine andere Wirklichkeit, steht man vor dem Problem, dass die Heilungen durch Psychotherapie und Medikamente willkürlich erscheinen und somit die Evidenz der Therapien verloren geht. Denn wenn es die Seele nicht gibt, muss doch eine zuverlässig wirksame Methode für die Heilung der Psyche geben, sonst ist es Quacksalberei und die Patienten Versuchskaninchen gleich.
Dass die Heilung der Seele zur Heilung der Psyche führen kann, sehen vor allem die Beichtväter immer wieder: Vergebung empfangen und selber verzeihen – dieses Heilmittel der Seele hat schon Viele von Angst- und Schlafstörungen befreit. Die Seele wirkt sich auf die Psyche aus und die Psyche gibt der Seele wieder Raum, um gute Entscheidungen zu treffen und sie im Leben umzusetzen. Denn eine gestörte Psyche schränkt die Handlungsfähigkeit der Seele ein, so wie eine verkrümmte Augenlinse dem Geist falsche Vorstellung von Objekten und Raum vermittelt.
Die Seele ist der Raum Gottes im Menschen. Seine Stimme ist das Gewissen. Man kann es ignorieren, umdeuten oder mit aller Gewalt stumm machen wollen. Ein letzter Rest des Raumes bleibt dennoch und sehnt sich nach Erfüllung, die weder Körper noch Psyche bieten können. Deshalb sagt Augustinus von Hippo: „Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“.
Ich denke, die Akzeptanz der Dritten Dimension des Menschseins ist absolut notwendig, vor allem in der Medizin und Psychologie. Auch der Staat tut es gut daran, die Religion (anders als bloße Weltanschauung) zu fördern und zu schützen, damit Bürger nicht zu Ware und Psycho-Taschentrik-Spielern werden. Der Verlust der Transzendenz in den modernen Ethiken und Gesellschaftswissenschaften äußert sich zunehmend in der Belanglosigkeit deren Erkenntnisse.
Körper, Psyche, Seele. Das macht den Menschen aus.