In der römisch-katholischen Kirche geht ein Gespenst um: der Klerikalismus. Durch einige – oft missverstandene – Aussagen des Papstes Franziskus fühlen sich viele linksliberal verortete Katholiken ermutigt, eine Jagt auf die Priester zu organisieren. Es braucht jedoch keine Weihe, um Klerikalismus auszuleben. Das ist der „Klerikalismus Reloaded“ oder „Klerikalismus Version 2.0“, um es Internetsprache auszudrücken.
Der Klerikalismus im kirchlichen Sinne meint einerseits eine Überhöhung der Kleriker und andererseits eine Art von Hochmut derselben. Doch wer sind Kleriker überhaupt?
„Kraft göttlicher Weisung gibt es in der Kirche unter den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im Recht auch Kleriker genannt werden, die übrigen dagegen heißen auch Laien.“
CIC, Can. 207
Kleriker sind also kirchliche Amtsträger bzw. geistliche Leiter. Sie nehmen an der geistlichen Vollmacht ihres Bischofs Anteil und sind seine „Manager vor Ort“. Nach dem Kirchenrecht können es nur Priester sein. Dies ist das Hauptmerkmal: eine von der Kirche verliehene Vollmacht, die der geistlichen Leitung dienen sollte. Praktisch gelten alle vom Bischof geweihten Personen (also auch Diakone) als Teil des Klerus.
Diese Unschärfe macht offenbar, dass nicht nur Priester für die „Pest in der Kirche“ anfällig sind. Sie werden zwar immer noch an einigen Orten in der Welt Gott-gleich verehrt (vgl. „Der Klerikalismus der Laien“ in Klerikalismus: „wie das Amen in der Kirche“ ) – und das öffnet die Tür für den Klerikalismus der Kleriker – doch der Kern des Klerikalismus: „Gestus der Unberührbarkeit, der Erhabenheit und der Abwertung der anderen“ ist nicht den Geweihten eigen, sondern eine in jedem Amt innewohnende (wenn auch nur potenzielle) Möglichkeit, andere zu beherrschen.
2.0 – Klerikalismus weiter gedacht
Mit dem Klerikalismus der Laien hat man z.B. in der Pfarrgemeinde Eppelborn zu tun, wenn die geistlichen „Leiter“ die Pfarrmitglieder nicht ernst nehmen, ihre Anliegen ignorieren oder sie von oben herab behandeln. Eine schnippische (oder eher: „unverschämte“) Antwort auf die Frage nach einem Termin oder einer Planung aus dem Mund der Gemeindereferentin oder der Pfarrsekretärin übertrifft die amtliche Überhöhung und die Selbstbezogenheit des bisherigen Pfarrers. Sie – als „Amtsträgerin“ – versteht sich dann nicht als Dienerin der Gemeinde, sondern als deren (Be-)Herrscherin und handelt nicht nach Jesu Worten. Das ist „Klerikalismus reloaded“. (Dabei sind die Laien keine geistlichen Amtsträger, sondern bloße Beauftragte des Hirten [Ortsbischof], die das Leben in der Pfarrgemeinde zu strukturieren und den Pfarrer in seiner Hirtenaufgabe zu unterstützen haben.) Es ist erstaunlich, wie leicht es den Berufskatholiken fällt, das Fehlverhalten der Geistlichen zu kopieren.
Die Hexenjagt auf Kleriker ist tödlich
Die selbsternannten Vertreter der Katholiken, die Kardinal Marx zu einem sog. „Reformprozess“ (der keiner ist) angestiftet haben, spucken in die Hände und ziehen mit Heugabeln und Sensen durch die Lande. Jeder Priester ist verdächtig. Jeder Priester, der nicht das tut, was das ZdK verlangt hat sich selbst des Klerikalismus überführt. Nach diesem groben Muster gehen zunehmend auch machtgierige Frauen in der Kirche vor. Sie etablieren eine „Demokratie in der Kirche“, die besser „das Recht des lauter Schreienden“ genannt werden sollte. Sie ignorieren dabei, dass die Kirche in hierarchischer Weise von Gott gewollt und organisiert ist. Wer das zerstört, zerstört die Kirche. Kleriker nach kommunistischem Vorbild zu entmachten und ihnen Laienkommissare als Weisungsgeber vorzusetzen, wird die gleiche Auswirkung auf die Kirche haben, wie der Kommunismus auf die Länder des Warschauer Paktes: ein langsamer Zerfall und eine neue Kaste der Regierenden, die ihre Macht missbrauchen.
Deshalb ist die Warnung des Weihbischofs Eleganti im Kontext der Klerikalismusdebatte absolut ernst zu nehmen:
Hüten wir uns, dieses Priestertum in seiner Integrität aufzusplitten und zu zerstören.
https://www.kath.ch/newsd/weihbischof-eleganti-warnt-vor-zerstoerung-des-priestertums/
[Nachtrag] Ausweg aus der sündhaften Sackgasse
Es gibt nur einen Ausweg: Demut! Unsere Kirche braucht nicht noch mehr „Machthaber“, sondern mehr Heilige. Der Hl. Martin von Tours, die Hl. Katharina von Siena, der Hl. Pater Pio – ihre Macht über Krankheit, Tod und Dämonen kam nicht vom Amt. Im Gegenteil: in deren Epochen gab es genügend Amtsträger, die eher Menschen von als zu Gott gebracht haben. Alle drei sind auch für ihre Demut und ihren unerschütterlichen Glauben bekannt. Deshalb vermisse ich – zusammen mit dem Papst – ein Forum, das bei der freiwilligen deutschen Provizialsynode ausreichen würde: „Santo subito! – Wie kann ich heute heilig werden?“