Es gibt Berufe, von denen ein Pole behaupten würde, sie beständen darin, ein „Loch im Ganzen“ zu suchen. Dazu zählt man üblicherweise die Frauenbeautragte oder die Datenschützer. Diese Berufe haben ein Merkmal gemeinsam: sie würden die Berechtigung ihrer eigenen Existenz anzweifeln, wenn sie behaupten würden, es ist alles in Ordnung…
Es mag vielleicht den einen oder anderen Leser verwundern, was ich beobachtet habe. Dafür kann ich nichts: Weder für die beobachteten Personen und ihr Tun noch für die Ergebnisse des Vergleichs. Ich möchte meine neuen Erkenntnis gerne zur Diskussion stellen.
Wer kritisiert bekommt mehr Aufmerksamkeit und Vertrauen als jemand der etwas erarbeitet hat. Und das selten zu recht! Es ist sehr gut an der Politik und den Medien zu beobachten. Die Regierung will dies oder jenes machen. Noch steht nur eine Idee im Raum, schon halten die Journalisten die Mikrofone den Politikern ins Gesicht. Man sucht ein Thema, welches man aufblasen kann. Eine geordnete und sachliche Vorgehensweise stört auch die ARD-Reporter. Diese haben meiner Beobachtung nach sowieso eine leichte grün-rote Schlagseite (jedenfalls wenn man statistisch die Häufigkeit und die Dauer der verschiedenen Parteien in den Polit-Magazinen grob erfasst). So lassen wir uns viel zu oft unkritisch von den Medien berieseln (und uns unsere Meinung sagen).
Das hat schon Neil Postman festgestellt. Je leichter konsumierbar ein Medium ist, umso stärker wird es genutzt. Je mehr es genutzt wird, desto banaler werden die Inhalte und ihre Aussagen weniger hinterfragt. Je unkritischer wir Inhalte konsumieren, desto beeinflussbarer sind wir, ohne es selber zu merken. Denken sie bitte an das Wort „Herdprämie“. Sie denken sicher nicht an eine Vergünstigung beim Einkauf eines Elektroherds, richtig? Und wie heißt die richtige Bezeichnung? „Betreuungsgeld“ vielleicht?
Das merkante (fast marzialisch anmutende) Wort ist eine Verunglimpfung einer gar nicht so schlechten Idee. Wegen 100€ lässt sich niemand von der Arbeit abhalten, die ihm 1000€ bringen könnte. (Das Argument vom Abhalten junger gut ausgebildeter Frauen von der Arbeitswelt ist meiner Kenntnis nach ein Märchen aus dem Feministinenland.) Es ist ein Bonus für diejenigen, die gerade ein jüngeres Kind daheim betreuen. Was ist dagegen zu sagen, wenn Kinder bei der Mutter bleiben? Gegen eine gesamtgesellschaftliche Sozialisation junger Bürger ist nichts zu sagen aber es muss nicht immer der Kindergarten sein. (Auch diese Einrichtungen bilden nicht die Realität dieser Gesellschaft ab – wie man z.B. an der KiTa für Kinder von Mitarbeitern der Universität des Saarlandes zu beobachten kann.) Und die 100€ Bonus können Familien in der Erziehungszeit gut gebrauchen. Vielleicht stört es die Urheber dieses menschenabwertenden Wortes, dass andere mehr als ein Kind haben wollen… Und Langzeitarbeitslose haben sowieso nichts davon. Also werden diese für das Zuhausebleiben auch nicht belohnt. Wo liegt also das Problem?
Diese Anklage, man würde Frauen an den Herd anketten wollen, hört sich so gut an, dass man gerne gegen dieses Gesetz ist. In Wirklichkeit schenkt man fast naiv sehr viel Vertrauen denjenigen, die ihre entwürdigende Haltung mit Scheinargumenten begründen. Es ist schon toll, wenn man ein Loch im Ganzen gefunden hat! Man glaubt, mit einem Vorwurf die alten (vorwiegend männlichen konservativen) Politiker als Übeltäter darstellen zu können. Dabei schadet man nur Familien mit mehreren Kindern. (Und auf die sind wir statistisch gesehen jedenfalls sehr angewiesen.)
Der Ankläger genießt in den meisten Fällen mehr Vertrauen als sein Gegner. Jemandem Lüge zu unterstellen, erfordert Mut. (Eine als positiv wahrgenommene Eigenschaft.) Wir glauben Menschen, die sich trauen, etwas angeblich Verschwiegenes oder Benachteiligendes zu enthüllen. Wir suchen nach Informationen, die wir aus erster Hand nicht zu bekommen glauben. Wenn etwas für uns selbst dabei nachteilig sein könnte, folgen wir diesen Personen viel einfacher. Das nutzen natürlich die Medien aus. Beispiele? Vati-Leaks (man erfährt Geheimes aus dem Vatikan) oder Verbraucher- und Politik-Magazine. Ich denke, diese unsere Haltung (ein Loch im Ganzen zu suchen) ist eine Begleiterscheinung des gesunden Misstrauens.
Ich warte auf den Tag, an dem die erste Frauenbeauftragte wegen mangelnder Arbeit selber kündigt oder die eigne Behörde abschafft. Das wird nie passieren. Es wird immer etwas zu kritisieren geben. Und solange man nur die Sichtweise eines Bevölkerungsteils vertreten muss, braucht man auch keine Lösung zu präsentieren, die allen Beteiligten nützt. Hier kann man sich nach belieben austoben und genießt als Ankläger erst einmal einen Vertrauensvorschuss. Man kann z. B. als Feministin unbestraft andere Frauen als Gebärmaschinen bezeichnen. Würde dies ein Mann sagen, hätte man ihn wahrscheinlich längst gesteinigt…