Amos, Jeremia & Co.

„Ich bin kein Prophet und kein Prophetenschüler“ – Es geht mir wie Amos in der heutigen Lesung. Ich habe kein Amt und keine kirchlichen Würden. Deshalb weder korrumpiert, noch korrumpierbar. Im kirchlichen Establishment eine Null. Glücklicher Weise ist es Gott egal.

„Gehe und prophezeite zu meinem Volk“ ist eine freundlich formulierte Zusammenfassung der Beauftragung, die mit „Geh, Seher, fluchte ins Land Juda! Iss dort dein Brot…“ in Frage gestellt wird. Amos will man in Bet-El nicht hören. So formuliert es Amazja – der Priester des dortigen Tempels. Es mag sein, dass der außerordentliche Prophet direkter und drastischer das Nordreich vor der Abkehr von den sozialen Gesetzen Jahwes gewarnt hat als seine Kollegen vom Fach. (Hosea fand den Kult um den Stier eine Apostasie.) Dennoch sollte er Recht behalten…

Da war aber noch das Südreich – nur wenige Kilometer entfernt. 16 genauer gesagt. Dort war Der Tempel des Judentums, die Mitte der Stadt Jerusalem. In dieser Stadt war ein anderer Prophet tätig. Dieser war das Forschungsobjekt meines Alttestamentlers, der mich eine Sache gelehrt hat. Ein Prophet sagt keine Zukunft voraus, sondern verkündet den Tun-Ergehen-Zusammenhang. „Wenn – dann“ – Die Entscheidung liegt bei den Adressaten. Genau dies tat Jeremia, wie man in einem historischen Film auf BibelTV kürzlich sehen konnte.

Jeremia verkündete das Ende des Südreichs. Er wies den König an, sich Nebukadnezar zu ergeben. Doch der Heerführer vertraute auf Schutzbündnisse mit Ägypten und überredete den König, zu kämpfen. Die Folge: die Stadt und der Tempel wurden zerstört, das Volk ins Exil entführt.

Der aufmerksame Leser wird jetzt merken, das diese geschichtliche Tatsachen kaum erwähnenswert sind und eine wichtige Aussage kommen muss. Und dem ist so. Denn betrachtet man Gottes Tun in beiden Fällen, scheint die Bundestreue seinerseits auch gebrochen. Es muss also etwas geben, was dieses seltsame Verhalten erklären kann.

Vor derselben Frage steht man als gläubiger Mensch, der die Kirche – den mystischen Leib Christi – liebt und an Gottes Macht in dieser Welt glaubt. Warum lässt Gott zu, dass seine Braut von seinen Feinden demontiert wird? Hört er den nicht auf die vielen allen Menschen, die täglich um Schutz und Gnade für alle Glieder der Kirche beten? Ist ihm die Kirche egal? Hasst er sie vielleicht sogar?

Die Freunde Gottes wissen, dass dies niemals wahr sein kann. Aber was können wir von Jeremia sonst lernen?

Ich bin kein Prophet und kein Prophetenschüler. Doch auch ich sehe Zusammenhänge. Wie sich der König auf seinen Feldherrn und das scheinbare Bündnis mit Ägypten verließ, so verlässt sich heute die Mehrheit der deutschen Buchhöfe auf die Reformer des Synodalen Holzwegs und ihr Bündnis mit der Gegenwart. „Wenn wir uns dem Zeitgeist ergeben, werden unsere Posten verschont“ scheinen viele Berufskatholiken zu denken. Vielleicht hat ER aber etwas anderes mit seinem Eigentum vor? Vielleicht liefert ER seine Kirche der Ungnade und dem Hass der linken Kräfte aus, um das Reich des Nebukadnezars Jahre später noch wunderbarer zu zerstören.

Ich bin voller Zuversicht. Und ich bleibe fest an seinem Wort und seiner Weisung, die im Katechismus zu finden ist. Nichts kann seine Kirche beschützen außer ihm selbst. Kein Gebet um Schutz war unnütz. Unnütz ist vielmehr dass verscherbeln des Tafelsilbers. Niemand kann seine Kirche (sinnvoll) reformierten – außer Seinem Geist selbst.

Und nun erwarte ich, dass genau das passiert, was mit Amos und Jeremia passiert ist: Es werden Berufskatholiken aufstehen und mich vertreiben oder gar unterdrücken wollen. Und ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin. Tausende „alter weißer Männer“ und Frauen, die es mit der „Bundestreue“ ernst nehmen erleben es genauso…