Medienfasten

Im Karneval denkt man üblicherweise nicht über die Fastenzeit nach – außer vielleicht: Noch X Tage bis zur Fastenzeit. Dabei wäre diese optimal für gute Vorsätze, die nach dem Neujahr nicht allzu lange halten. Gute Vorsätze sind nicht einfach da, sie müssen gefunden oder eher „adpotiert“ werden. Sie können von außen an uns herangetragen worden sein (als harsche Kritik, als Hinweis von Freunden) oder in uns selbst heranreifen (Nachlässigkeiten, unerwünschte Entwicklungen).

Ich halte nichts von medial wirksam gestalteten Verpflichtungen. Auch Gesundheitsfanatismus ist mir fremd. Ich möchte eine der vielen Ideen, die um mich bzw. in meinem Kopf herumschwirren „adoptieren“ – zu meinem Projekt machen. Z.B. aus hektisch konsumieren Genussmitteln wieder „Genuss-Mittel“ machen. Es geht nicht um „sich quälen“ (ich bin kein Masochist), sondern darum die eigene Willensstärke zu trainieren, wie man die Muskulatur trainiert. Es geht im christlichen Fasten auch darum, das eigene Leben kurz anzuhalten und aus dem Blickwinkel Gottes betrachten, um dem Leben eine neue, korrekte Richtung zu geben.

„Autofasten“ oder Fleischverzicht ist in meiner Lebenssituation eine Utopie. Wenn ich mich frage: Was macht mich unfrei? Was hat Macht über mich? Dann müsste ich sagen: die Medien. Ob Fernsehen, RSS oder G+ – eine Flut an Informationen durchströmt meine Synapsen und reizt dabei das Beurteilungszentrum, um später im Handlungsareal auf eine Reaktion zu drängen. Das Gesehene und das Gehörte beeinflusst mich. Oft kann ich die Informationen nicht hinreichend sortieren und bewerten. Manchmal ärgern sie mich. Ab und zu sind sie so unbedeutend, dass sie nur das „Grundrauschen“ erhöhen, ohne den Erkenntnisgewinn zu fördern.

Ich möchte nicht zum Werkzeug der Informationen werden. Ich will sie nutzen, sie „genießen“ aber auch sie beherrschen. Ich will wieder ein freier Mensch sein, der nicht an Drähten der Informationen hängt, um von anderen Menschen hin und her gezogen zu werden. Kein Fernsehen (weil zu simpel), im Netz nur Artikel von zuverlässigen Autoren (keine Meinungsschalchten). Kein informationelles Showbusiness mit Teilwahrheiten und viel Emotionen. Dafür eine Wochenendausgabe von der FAZ oder DIE ZEIT, wo inhaltliche Tiefe und qualifizierte Meinung aufeinander treffen.

Ich denke, Medienfasten täte mir gut. Bewusst Medien zu konsumieren, wird mein Festen-Projekt.