Google ist auf dem Vormarsch. Microsoft versucht mit letzten Kräften (unterstützt durch Yahoo!) sein „letztes Aufgebot“ namens bing dem Suchmaschinen-Giganten in den Weg zu stellen. Dennoch scheint die Macht des vielfarbigen Riesen ungebrochen. Google erobert die virtuelle Welt. Wir sind immer mehr von Google abhängig obwohl wir immer mehr Angst um unsere Daten haben. Nur wie kommt es zu dieser Schizophrenie?
Niemand möchte ausspioniert werden. Dennoch leben wir so, dass wir das Wissen um uns selbst quasi verschenken. Dafür erhalten wir eine Dienstleistung. Die Abwägung zwischen Datenabgabe und Qualität der Dienstleistung trifft jeder für sich. Es gibt Menschen, die anonym suchen wollen. Sie nutzen z.B. ixquick und nehmen dabei in Kauf, dass sie nicht immer die besten Auflistungen bekommen. Bei Suche nach Haupt-Begriffen oder Marken ist das kein Problem. Wird eine Lösung für eine Fehlermeldung gesucht, kommt man an Google nicht vorbei. Sein Index ist reichlich gefüllt, die Such-Algorithmen unübertroffen. Doch das alleine macht die Faszination nicht aus.
Wir wissen, dass der Wert dieses Unternehmens nur virtuell ist (genauso wie das Internet). Wir wissen auch, dass Google – wie jedes Unternehmen auf dieser Welt – nur dort investiert, wo es seine Stärke voll ausnutzen kann… Und die Stärke von Google ist eben die Massen-Werbung. Zu genau diesem Zweck werden die sichtbar eingegebene Daten (Suchbegriffe) aber auch die unsichtbaren (Cookies, IP-basierende Geoposition oder die Uhrzeit) erhoben, gespeichert und zusammengeführt. Maschinen führen (auf wirklich einfachen Annahmen basierende) Mengenoperation durch und schon hat der Browser-Nutzer ein Gesicht – wenn auch ein nur sehr grob gezeichnetes. Da die Datenmodelle nicht feiner sein können (wenig Zweckdienlich bei sehr hohem Berechnungsaufwand) kommt Google selbst nicht immer mit den besten Vorschlägen als Werbung daher: Mittel gegen Haarausfall vorzuschlagen, nur weil jemand wie ein Opa sein Problem mit dem Excel – sorry: OpenOffice Calc (!) – im Suchfeld beschreibt. Weit gefehlt! Es war meine Liebste auf meinem Rechner. Eine Kombination aus dem Cookie eines vermutlichen Mannes (geschlossen aus den früheren Suchen) und die Art und Weise der Suche (Opa-typisch) führt manchmal in die Irre…
Obwohl ich die Google-Gründer-Ehtik „don’t be evil“ für eine Art Tautologie halte, glaube ich gleichzeitig dem Unternehmen, wenn es behauptet, nicht mehr Informationen über mich speichern zu wollen, als es für eine gezielte Werbung notwendig ist. Welchen Nutzen sollte Google denn davon haben? Gleichzeitig würde ich nie über Google nach Medikamenten oder Ärzten suchen. Der „Internaut A6C603DF1BF8E“ (wie ich ich dann wohl für Google-Server heisse) muss nicht noch das Merkmal „Krank“ bekommen… Firefox bietet zudem einen sog. Privaten-Modus, der Langzeit-Verfolgung allen Spionen richtig schwer macht.
Auf der anderen Seite muss ich gestehen, ich kenne kein Unternehmen, dass so viel für den Informationsaustausch getan hätte wie Google! Ich kann meinen Freunden einen Track einer schönen und interessanten Route (samt zugeordneten Bildern) auf maps hinterlassen. Der Server berechnet die Länge und zeigt weitere Details der Umgebung (Essen & Trinken, Tankstellen, Bahnhöfe etc). Im Wave kann man sich zum ersten Mal gleichzeitig-ungleichzeitig unterhalten: Diskussionen zu mehreren Punkten kann man parallel führen, Bilder oder Links einfügen und ein grafisch ansprechendes Abstimmung-Plugin nutzen. Für das Googlophone (Android-basierende Mobiltelefone) entwickelt man unheimlich schnell nützliche Apps samt Landkarten und GPS-Peilung des eigenen Standortes. Ein QR-Code-Reader beschleunigt den Cross-Media-Austausch von Links, Kontaktdaten oder Geodaten zusätzlich. Warum soll man darauf verzichten? Aus informationswissenschaftlicher Sicht ist Google ein Pionier, dem Respekt gebührt. Keiner hat den Informationsaustausch so vereinfacht und verbessert wie Google.
Für diese oben genannten Leistungen gebe ich meine Daten gerne. Meine Angst vor einem Datenraub (oder Daten-Erpressung wenn man so will) richtet sich eher gegen Großunternehmen des Handels oder den Staat selbst. Kein Bank-Konto ohne Schufa, RFID-Etiketten statt Barcode, Pass nur gegen Fingerabdruck. Gegen eine erzwungene Abgabe immer persönlicherer Daten bekomme ich immer weniger – also das Gegenstück zu Google.
Ich habe keine Angst vor Google. Es ist mir freigestellt, seine Dienste zu nutzen. Auf Aufforderung werden sogar mögliche „peinliche Ausrutsche im Netz“ entfernt. Die Auflistung des letzten Einkaufs kann ich aber auf dem Server des Geschäftes nicht löschen lassen. Ein Bankkonto brauche ich in Deutschland wie den Personalausweis, ohne Schufa kriege ich aber keines. Nein, nicht einmal ein Prepaid-Handy bekomme ich ohne Personalausweis-Nummer… Sollte ich da Angst vor dem Suchmaschinen-Riesen haben?