Vom Pech verfolgt

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Wer kennt das Leben nach Murphy-Gesetzen nicht?

Mietet man ein Auto und will es zurückgeben, schafft man 90% der Strecke zwischen dem Startpunkt und der Autovermietung in 75% der Zeit. Die letzten Kilometer nehmen dann aber mehr Zeit in Anspruch, als die übrig gebliebenen 25%. Vergisst man dabei die Autopapiere abzugeben, ist eine Nachzahlung vorprogrammiert (wenn auch für die Überprüfung des zweiten der Angestellte der Vermietung zuständig wäre).

Mietet man ein Hotel direkt am Strand, regnet es während des gesamten Aufenthaltes.

Kommt man Heim, wird man zum 1% der Bevölkerung gezählt, die 200 Fragen des Mikrozensus über sich ergehen lassen müssen! Dabei hat man einen sehr einzigartigen Namen. Wenn man sich die Fragen so anschaut, hat man das Gefühl es geht hier nicht um „Arbeitskraft“ sondern um Exhibition für Statistiker. Man könnte sich natürlich weigern (kostet aber Geld), nur Fremdsprache verwenden (ein kleiner Sprachparkour für den Befrager [in Russisch oder Französisch] hat sicher seinen Unterhaltungswert, zieht die Selbstentblößung aber gleichzeitig in die Länge) und man kann erfundene Angaben machen (darf man sich dabei aber nicht erwischen lassen, entgehen tut man dem staatlich angeordneten Zwang aber nicht).

Eine weitere Möglichkeit ist, für größtmögliche Anonymität sorgen. Deshalb suche ich jemanden, der mit mir sein Formular abgibt, um die Anonymität gänzlich zu wahren.

Wie funktioniert das? Man darf das Formular auch selber ausfüllen. Wenn man es einsendet muss man nur die Absender angeben. Wer welches Formular abgegeben hat ist dabei egal, weil sie nicht namentlich beschrieben werden. Meines Wissens reicht bloß die Angabe zum Absender auf dem Umschlag aus. Ob du es abgegeben hast oder ich, ist nicht zu erkennen. Zu dritt ist es noch besser! Einen Unsinn kann man nur mit einem Unsinn bekämpfen.

Ich kann es irgendwie nicht ganz nachvollziehen… Wenn man wissen will, wie viele Menschen verheiratet sind, kann man doch einfach die Standesämter befragen oder? Wenn man wissen will, wie viel die Leute im Durchschnitt in einem Land verdienen, kann man es ja schnell vom Finanzamt als eine absolut anonyme Zahl bekommen (der Bund bekommt z.B. die anonymisierten Summen für die Steuerberechnung). Wenn man wissen will, wie viele Katholiken wir haben, helfen die deutschen Diözesen gerne weiter. Wenn die Zahl der Beamten haben will, muss die Ministerien fragen… Wenn man anonyme Zahlen haben will, kann man sie auf anderem Wege bekommen. Aber wie es aussieht, geht es darum einen Offenbarungseid zu leisten – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hin oder her.

Stattdessen wählt man willkürlich „Haushalte“ aus. Warum sollen 1% der Haushalte repräsentativ sein? Gehören etwa 1% der deutschen Minister auch dazu? Werden wirklich auch in diesem 1% die Bauern, die Muslime, muslimische Bauern, Männer und Frauen, Kinder und Greise proportional richtig vertreten? Sicher nicht!

F. J. Strauss hat ein Sprichwort geprägt, das bis heute seine Gültigkeit besitzt: „Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast.“ Dabei braucht man ja nichts fälschen, es reicht zu interpretieren. Wenn man Menschen die Frage stellt: „Glauben sie, dass sie aus Wut jemand umbringen könnten?“ und die Zahlen interpretiert, bekommt man ein wunderbares Ergebnis: „Wir haben xx% potenzielle Mörder.“ Dabei hieß die Frage ja nicht „Sind sie ein potenzieller Mörder?“ sondern „Glauben sie, dass…“ Man schließt aus dem Glauben oder Nichtglauben an eine rein theoretische Möglichkeit auf eine Tatsache. (Ich glaube es nicht, kann aber natürlich auch nicht ausschließen, dass so etwas passieren könnte. Weder bei mir noch bei irgend jemandem sonst… Ergo: Wir sind alle potenzielle Mörder, der Statistik zum Trotz.)

Mit Statistiken belügen wir uns im Grunde selbst. (Nicht nur die Spekulanten auf dem Immobilienmarkt in den USA.) Wir suchen nicht, wie Kant es von uns fordert, einen Grund, der a priori (aus dem Verstand heraus, der für alle gleichermaßen) gilt, sondern nach einer Mehrheit, die etwas für sich wünscht. Dies widerspricht der direkten Demokratie nicht, da dort möglichst konkrete Handlungsanweisungen abgefragt werden, nicht Wünsche „interpretiert“. Deshalb halte ich viel von direkter Demokratie und nichts von „Statistiken“.

Zum Schluss noch ein guter Witz, den ich irgendwo gelesen habe:

Was ist der Unterschied zwischen einer Beichte und dem Mikrozensus 2010? Bei der Beichte fragt man dich nicht nach deinem Gehalt und es ist dem Priester verboten, nach dem Akt der Beichte irgendwelche Erkenntnisse über dich weiter zu verwerten.